Gesichtserkennungssoftware ohne Rechtsgrundlage?

Kleine Anfrage 461 des Abgeordneten Sven Hornauf (BSW-Fraktion)

Durch Medienberichte, u. a. des RBB, wurde bekannt, dass im Rahmen von zwei Ermitt-lungsverfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) ein Programm der Polizei Sachsen zur Gesichtserkennung genutzt wurde. In beiden Fällen ging es um die Verfolgung von Ei-gentumsdelikten. Durch mobile oder fest installierte Kamerasysteme wurden Kraftfahrzeuge und Personen aufgenommen, sowie Kennzeichen und Gesichter gescannt. Diese wurden dann, angeblich „in Echtzeit“, mit Bilddaten der Polizei abgeglichen.
Mit Beschluss vom 22.07.2022, Az. 22 Qs 40/19, stellte das Landgericht Frankfurt (Oder) allerdings fest, dass die automatische Erfassung von Kennzeichen durch das System KESY in Brandenburg mangels vorhandener Rechtsgrundlage rechtswidrig erfolgte. Die Bindung der Exekutive, also auch der Landespolizei, an die gerichtlichen Maßgaben dürften bekannt und ebenso zwingend zu beachten sein, stehen hier aber offenbar in Frage.

Ich frage die Landesregierung:

  1. In wie vielen Fällen wurde ein Programm zur Gesichtserkennung von den Ermittlungsbehörden im Land Brandenburg genutzt? Welches Programm wurde jeweils genutzt
    und für die Verfolgung welcher Straftaten?
  2. Sofern das Gesichtserkennungsprogramm der Polizei Sachsen genutzt wurde, was
    waren die Beweggründe für die Nutzung gerade dieses Systems?
  3. Wurden zur Abgleichung der Bilddaten die von den Kamerasystemen erfassten Aufnahmen gespeichert? Wie erfolgt eine Abgleichung „in Echtzeit“ ohne, zumindest kurzfristige, Speicherung der erfassten Aufnahmen? Wurden sämtliche Aufnahmen nach
    erfolgtem Abgleich „in Echtzeit“ vollständig gelöscht?
  4. Wurden die von den Kamerasystemen erfassten Aufnahmen auch mit anderen Informationssystemen (polizeilichen, europäischen oder internationalen) abgeglichen? Mit
    welcher Art von Bilddaten fand der Abgleich statt, handelte es sich auch um persönliche Aufnahmen von Tatverdächtigen?
  5. Wie viele Personen waren von den Kameraerfassungen jeweils betroffen? Wurden die
    betroffenen Personen von den Ermittlungsbehörden über die Erfassung informiert?Auf welcher Rechtsgrundlage fand der Einsatz der Gesichtserkennungssoftware jeweils statt? Wie wird der Einsatz vor dem Hintergrund der bisher ergangenen Rechtsprechung zum Einsatz von Gesichtserkennungssoftware bewertet?
  6. Wie bewertet die Landesregierung den Einsatz der Gesichtserkennungssoftware jeweils unter dem Gesichtspunkt der europäischen KI-VO (2024/1689)?
  7. Wurden zur Aufnahme der Kraftfahrzeuge und Personen auch die im Land Brandenburg installierten KESY-Systeme genutzt?
  8. Wurde die Landesdatenschutzbeauftragte vor oder nach der Nutzung der Gesichtserkennungssoftware informiert?
  9. Planen die Ermittlungsbehörden im Land Brandenburg in Zukunft ein eigenes Programm für Gesichtserkennung zu entwickeln bzw. entwickeln zu lassen?

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