Kleine Anfrage des Abgeordneten Sven Hornauf
Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Brandenburg hat in einer Antwort in sozialen Medien zu einem Tweet von Volker Beck am 01.12.2024 wörtlich ausgeführt: „Israel wurde überfallen, hat den Golan erobert, anschließend annektiert – Ende der Geschichte. Der Golan gehört zu Israel.“ Der Golan bzw. die Golan-Höhen, ein Felsplateau auf dem Gebiet der Syrischen Arabischen Republik, wurde im sog. Sechstagekrieg 1967 durch den Staat Israel militärisch besetzt. Bereits diese Eroberung und Besetzung ist international einhellig verurteilt worden; die internationale Gemeinschaft erklärte die Golanhöhen als syrisches Territorium, das von Israel widerrechtlich militärisch besetzt gehalten wird und das zu räumen ist (so Ziff. 2 der einstimmigen Resolution Nr. 242 (S/RES/242) des UN-Sicherheitsrates v. 22.11.1967). Schon in der Präambel des Beschlusses wird auf die „Unzulässigkeit der kriegerischen Eroberung von Gebieten und die Notwendigkeit hingewiesen, sich für einen gerechten und dauerhaften Frieden … einzusetzen, in dem jeder Staat in der Region in Sicherheit leben kann.“
Die Annexion der Golanhöhen durch Israel 1981 wurde durch die einstimmige Resolution des UN-Sicherheitsrates 497 „für nichtig und ohne internationale Rechtswirkung“ erklärt. Wörtlich heißt es, dass „die israelische Entscheidung, seine Gesetze, sein Gerichtswesen und seine Verwaltung in den besetzten syrischen Golanhöhen einzusetzen, null und nichtig ist und ohne internationale rechtliche Wirkung.“ Auch die Bundesrepublik Deutschland erkennt die Annexion der Golanhöhen durch Israel nicht an. Teil des Gewaltverbotes der UN-Charta, Art. 2 Nr. 4, ist das Verbot von Annexionen, also die gewaltsame Aneignung von Territorium eines Staates durch einen anderen Staat. Gleichwohl liegen im aktuellen Weltgeschehen derzeit mehrere militärische und zahlreiche politische Konflikte unterschiedlichster Intensität vor, die die Durchsetzung von territorialen Ansprüchen eines Staates gegen einen anderen Staat zum Gegenstand haben.
Neben der offensichtlich völkerrechtswidrigen Meinung des zitierten Landesbeauftragten zur Anerkennung von Annexionen im Allgemeinen und der Annexion der Golanhöhen im Besonderen stellt dieses öffentliche Auftreten eines Amtsträgers des Landes Brandenburg in Ansehung des aktuellen Weltgeschehens, der Belastungen des Landes durch die damit mit begründeten Rüstungsausgaben einerseits und der Boykotte bzw. Sanktionen andererseits sowie der zahlreichen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die in Brandenburg Aufnahme gefunden haben, eine regelrechte Konterkarierung der bisherigen Haltung des Landes Brandenburg dar. Die Annexion von Teilen der Ukraine im Jahre 2022 durch die Russische Föderation wurde und wird auch als Begründung für den überobligatorischen, weil freiwilligen, Boykott des Importes von Rohöl durch die Bundesrepublik Deutschland (das Embargo der EU betrifft nur verarbeitetes Öl und Ölprodukte) angeführt, was die bekannten verheerenden Auswirkungen auf die Brandenburger Wirtschaft, insbes. für das PCK in Schwedt, hat.
Ich frage die Landesregierung:
1. Teilt die Landesregierung Brandenburg die Ansicht des Antisemitismusbeauftragten des Landes Brandenburg, wonach es eine wirksame Annexion des Golan durch Israel gegeben hat und der Golan bzw. die Golanhöhen zum Staat Israel (und nicht zum Staatsgebiet der Syrischen Arabischen Republik) gehören?
2. Anerkennt die Landesregierung den Erwerb bzw. spiegelbildlich den Verlust von Territorium eines Staats durch gewaltsame Eroberung?
3. Wie gedenkt die Landesregierung, auf die offensichtlich völkerrechtswidrigen Aussagen des Antisemitismusbeauftragten des Landes Brandenburg zu reagieren – oder sollen diese Aussagen so, d.h. unkommentiert und unwidersprochen, in der Öffentlichkeit stehenbleiben?
4. Gilt das Gewaltverbot des Art. 2 Nr. 4 UN-Charta für alle Staaten gleichermaßen? Wenn ja, warum unterstützt die Landesregierung dann Boykott- und Embargomaßnahmen gegen einzelne Staaten und setzt sich nicht gleichermaßen für gleiche Boykottund Embargomaßnahmen gegen annektierende Staaten ein bzw. unterstützt und verteidigt Boykott- und Embargomaßnahmen gegen einzelne annektierende Staaten, auch zum Nachteil des Landes Brandenburg und seiner Menschen (etwa im Falle des Rohöls für PCK-Schwedt)?